F I  K T I O N S             T E X T E R E I                      



Das Buch-Lädchen

 Leseprobe

Schatten in der Luft - moderne Helden

Diese Erzählung ist frei erfunden, einschließlich der darin vorkommenden Namen, auch in Bezug auf die Örtlichkeiten. Eine zufällige Übereinstimmung ist nicht beabsichtigt!

©Alle Rechte vorbehalten Sabine Heilmann 2017/19/20 und weiter

 für Jugendliche geeignet

Inhalt:
1. Vorschau/Prolog
2. Flash Intro
3. Bewegungen
4. Entdeckungen
5. Herausforderungen
6. Mutig sein


1. Vorschau/Prolog

In Köln war unlängst der Tag vergangen, der den Jecken wie jedes Jahr endgültig den Garaus gemacht hatte. Nun war die Stadt ungewöhnlich ruhig. Es herrschte nahezu Grabesstille. Um den Dom herum war an diesem frühen Morgen auch noch nichts los. Die meisten Teilnehmer der Touristengruppen saßen vorerst beim Frühstück und so konnte man nur einzelne, versprengt umher schwärmende Damen und Herren mit ihren Kameras entdecken.
Das Wetter war etwas für Hartgesottene: Es herrschte eine neblig-feuchte, unangenehme Kälte. Dies erschien den meisten Touristen sicher nicht sehr verlockend. Zusätzlich waren immer noch Räumkommandos unterwegs, letzte Reste des närrischen Unrats zu beseitigen – was die Atmosphäre nicht eben heimeliger machte.

Für die sechs Menschen, die in der folgenden Geschichte für einige Tage näher beleuchtet werden, gestaltete sich dieser Morgen sehr unterschiedlich: eher wie gewöhnlich oder vollkommen erneuernd für ihr weiteres Leben. Nur einige von ihnen kennen sich bereits.

2. Flash Intro

Margret stand unschlüssig am Regal. Sie schaute versonnen in die Wand aufgereihter Dosen unterschiedlichster Sorte. Eigentlich wollte sie einige für das heutige Mittagessen mitnehmen. Sie wirkte konzentriert auswählend auf die ältere Dame, die gerade hinter ihr vorbeiging, sowie einen kurzen neidischen Blick auf ihre schöne schlanke Figur warf – dabei ein wenig ihrer eigenen weiblichen Blütezeit nachtrauernd. Dennoch träumte ‚Ma‘, wie sie von ihrer Familie und engen Freunden zumeist genannt wurde, wieder einmal. Sie träumte in letzter Zeit tagsüber oft – viel zu oft. Dies wurde ihr jetzt schlagartig bewusst.
So riss sie sich zusammen und fragte sich entsetzt, warum sie eigentlich Dosenfutter für ihre Kinder hatte kaufen wollen. Darüber seufzte sie derart laut, dass besagte ältere Dame sich noch einmal umdrehte, um dann ihren Weg kopfschüttelnd fortzusetzen. Sie war nun doch froh, über dieses seelisch schwierige Alter hinwegzusein! So war die Ordnung kurzfristig wieder hergestellt –  ganze fünf Minuten lang.

Margret hatte bereits einiges an diesem Morgen erledigt: Sie weckte die beiden Kinder, versorgte sie und brachte sie in die Schule, während ihr Mann in Ruhe aufgestanden war und frühstückte. Daraufhin hatte er ihr zum Abschied einen charmanten Luft-Kuss zugeworfen und sich damit eilig im Morgennebel für den gesamten Tag davongemacht. Margret blieb etwas ausgelaugt zurück, drehte sich mit gesenktem Kopf um, seufzte und stieg abermals die Stufen zu ihrem Vorstadtreihenhaus langsam hinauf, von der einen Frage hinter der Stirn gepiesackt: Hat er eine Andere?
In der letzten Zeit mehrten sich leider die Zeichen und Ahnungen, während die Kommunikation zwischen den Eheleuten nur noch an dürren Fäden hing.

Philipp

Philipp trottete mittags mit hängendem Kopf nach Hause. Obwohl das Wetter toll war für sein Vorhaben an diesem Nachmittag, sah er ganz und gar nicht glücklich aus. Er hatte im Handgepäck die schwere Last eines Mangelhaft zu schleppen – bereits das zweite Mal innerhalb der letzten Wochen. Seine Gabe war es, dies vortrefflich und umfassend mit seiner ganzen Persönlichkeit auszudrücken. Seine Mutter würde sofort Bescheid wissen! Ein wenig tat sie ihm leid. War sie geschlagen mit seiner Anwesenheit auf dieser Erde? Obwohl er ihr doch bisher noch niemals schweren Ärger bereitet hatte: Schlägereien, Sitzenbleiben und Ähnliches, vermittelte sie ihm unterschwellig dauernd das Gefühl, irgendwie nicht ganz richtig zu sein. Auch das drückte sein hängender Kopf deutlich aus.
Allerdings war es ihm noch nicht richtig bewusst. Er befand sich inzwischen voll in der Phase, sich vor seinem Vater unter allen Umständen beweisen zu müssen, damit er sich einigermaßen gut fühlte. Mit seinen elf Jahren hing viel, sehr viel davon ab. Diesbezüglich hatte er jetzt gründlich versagt – schon wieder. So schwang er innerlich zwischen seinen Eltern hin und her in dem Wunsch, geliebt und beachtet zu werden.
Es ging ihm da sicherlich nicht anders als vielen anderen Kindern, aber etliche von denen prügelten ihren Frust heraus oder betrieben Sport und andere Disziplinen, um gesund zu bleiben. Besonders das Letztere hatte sich vielfach als gutes Ventil bewährt und führte immerhin oft zu positivem Wachstum. Aber nicht so bei Philipp. Er war mit elf Jahren einfach nur missmutig, mürrisch und verstockt – später würde er sicher depressiv, krank, kriminell oder Drogen-süchtig werden. Der Gesellschaft war das noch egal und seine Eltern nahmen es leider nicht wahr. Für sie schien er angepasst und eher still in sich gekehrt, insgesamt zu weich und nicht sehr zielstrebig eben. Kurz vor der Haustür angelangt, trat Philipp heftig gegen einen Stein, der in seinem Weg lag. Der prallte daraufhin unüberhörbar an der Mauer der Eingangspforte ab. Philipp merkte nicht, wie er den Hals ein wenig mehr enthusiastisch reckte, seine Nackenmuskeln ihn aber sofort wieder reflexartig verkürzten. Diese Gewohnheit steckte leider schon tief im Gewebe.

Chrissie

Chrissie stopfte wütend die gerade gefüllte Dose mit dem Frühstücksbrot in die Tasche, warf sie sich über die Schulter und knallte die Küchentür hinter sich zu. Ihre Mutter schrak zusammen, der Vater schüttelte wie immer nur den Kopf ... 

Chris

Christian, genannt Chris, schraubte seit geraumer Zeit an dem Oldsmobile der Werkstatt herum. Es war ein Vorzeige-Objekt und zu einem kleinen Teil sein Lern-Projekt. Gerade jetzt kam er aber nicht richtig weiter und rief um Hilfe in die Runde der Kollegen. Viel Zeit wollte er sich nicht mehr lassen, denn bald besäße er den Führerschein endlich in der Tasche. Am greifbar vor ihm liegenden Tag des 18. Geburtstags würde er die Prüfung ohne Probleme bestehen und ihn stolz in Empfang nehmen. Auch seine Eltern würden stolz mit ihm, ihrem Ältesten, anstoßen. Danach kehrte natürlich sofort wieder der anstrengende Familienalltag ein, denn immerhin nannte er noch drei kleinere Geschwister sein Eigen ...


 


www.sabineheilmann-online.de